Power Conditioner Audes DT-3600 im Test, Bild
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Einzeltest > Power Conditioner > 09.01.2025

Teile und herrsche

Nun ist es beileibe nicht das erste Mal, dass wir hier einen „Power Conditioner“ von Audes vorstellen. Die Damen und Herren aus Estland sind mit dem Thema aber noch lange nicht fertig und ihr neuestes Elaborat ist ein ganz besonderes.

Power Conditioner Audes DT-3600

Audes
Richtig, da war was. Nämlich ein Besuch im estnischen Jõhvi in diesem Sommer, an dessen Fotodokumentation Sie sich als Stammleser bestimmt noch erinnern können. Sie können nicht? Dann dürfen Sie die Geschichte im Netz auf lp-magazin.de gerne mit noch weiteren Bildern in Augenschein nehmen. Spätestens danach wird Ihnen völlig klar sein, dass wir es mit einem Hersteller mit hoher Fertigungstiefe zu tu haben, bei dem sich Netzfilter in verschiedenen Darreichungsformen mittlerweile zu einem wichtigen Geschäftszweig entwickelt haben.  

Power Conditioning
Allen Modellen gemeinsam ist der Umstand, dass ein Trenntransformator als zentrale Funktionskomponente dient. Während übliche Transformatoren die Spannung zwischen Ein- und Ausgangsseite (hier heißt das Primär- und Sekundärseite) ändern, belässt der Trenntrafo diese konstant – zumindest auf lange Sicht. Aufgrund seiner magnetischen Eigenschaften (der Induktivität) versucht der Trafo, kurzzeitigen Spannungsänderungen auf der Primärseite entgegenzuwirken und die Sekundärspannung möglichst konstant zu halten. Das ist eine Tiefpass-Filterwirkung, die hier sehr gewünscht ist: Unerwünschte hochfrequente Spannungsanteile (Netzstörungen) kommen nämlich schlicht nicht durch. Die Energiespeicherwirkung des Trafos sorgt zudem für eine gewisse Stabilisierung der Ausgangsspannung bei Lastwechseln – auch diesen Umstand nehmen wir gerne mit. Filter- und Speicherwirkung sind um so größer, je größer die Induktivität des Trafos ist. Das hat Audes früh erkannt und hat sich seitdem intensiv mit der Entwicklung ziemlich großkalibriger Trenntrafos beschäftigt. Die Esten fertigen Monster mit einer Belastbarkeit von bis zu fünf Kilovoltampère – oder 5000 Watt, was sich besser anhört, technisch aber nicht ganz korrekt ist. Jüngst ist man dazu übergegangen, Geräte mit mehreren Trenntrafos anzubieten. Die Krone dessen ist der Power Conditioner DT-3600, um den es hier gehen soll. Das insgesamt mit 3600 VA belastbare Gerät wiegt schwere 61 Kilogramm und kostet stolze 10000 Euro. Dafür gibt es ein überaus beeindruckendes, in schlichtem Schwarz oder Weiß gehaltenes Monument, über dessen Unterbringung und Transport man sich vorher gründlich Gedanken machen sollte, das ist nämlich durchaus eine Herausforderung.  

Zwei Kreise

Die Filterwirkung des DT-3600 verteilt sich auf zwei Kreise. Acht der zwölf rückseitigen Steckdosen sind mit dem Ausgang eines gewaltigen 3300-VA-Ringkerntrafos verbunden. Hier werden einsichtigerweise leistungshungrige Verbraucher wie Voll- und Endverstärker angeschlossen. Ein zweiter, ungleich kleinerer Trafo bedient die vier „Group 2“-Steckdosen, die für Kleinverbraucher wie Quellgeräte vorgesehen sind. Diese Aufteilung ist nicht in Stein gemeißelt, man könnte zum Beispiel auch dazu übergehen, ausschließlich per Schaltznetzteil gespeiste (Klein-) Verbraucher an den kleinen Kreis anzuschließen und den höher belastbaren Part ausschließlich konventionell versorgten Verbrauchern vorzubehalten. Der Sinn der Aufteilung besteht nämlich genau darin, eine möglichst gründliche Trennung zwischen beiden Abteilungen herbeizuführen, damit Störungen nicht zwischen beiden Welten hin- und herkoppeln können. Analog Komponenten hüben, Digitalgeräte drüben? Kann man auch versuchen. DC-Blocker Das ist jedoch noch nicht alles. Der DC- 3600 verfügt zudem über ein schaltbares Gleichspannungsfilter, das etwaige DC-Anteile aus der Eingangsspannung entfernt. Das reduziert eventuell auftretende mechanische Brummgeräusche bei den Verbrauchern und den Filtertransformatoren selbst, außerdem klingt’s besser. So etwas baut Audes auch als externes Vorschaltgerät, das hatten wir auch schon im Test.   

Äußerlichkeiten

Im Gegensatz zu den frühen Audes- Netzaufbereitern gibt’s neuerdings schöne analoge Zeigerinstrumente. 

Power Conditioner Audes DT-3600 im Test, Bild
Die drei Instrumente zeigen die Eingangsspannung an und die Last auf beiden Ausgangskreisen
  Beim DT-3600 sind’s derer drei. Eins zeigt die anliegende Netzspannung an, eines den aus dem großen Trafo fließenden Strom, eines den aus der kleinen. Gerade letzteres ergibt Sinn, denn bei einem Maximalstrom von 1,5 Ampère will man ein Auge auf den Verbrauch werfen. Drei angenehm dezente Leuchtdioden signalisieren das Anliegen der Netzspannung, die Betriebsbereitschaft des BC-Blockers und die Aktivität der separat schaltbaren „Gruppe 2“. Auf der Rückseite gibt’s die dazugehörigen Schalter und einen, der die Hintergrundbeleuchtung schaltet. Eingangsseitig gibt’s eine 20-Ampère-IEC-Buchse, ein vertrauenerweckendes Anschlusskabel liegt bei. Die zwölf Steckdosen sind Made In Germany und von guter Qualität. Das kann man auch über das Gehäuse sagen, das aus einem hoch dämpfenden und schweren Kompositmaterial besteht, dem bekannten Werkstoff Corian nicht ganz unähnlich.  

Hörtest

Wie immer beim Einsatz der potenten Power Conditioner von Audes ist der Umstieg von einer Standard-Netzversorgung nicht weniger als ein Schock. Soviel mehr Raum, ein deutlich verbessertes Dynamikverhalten, mehr Inbrunst und Ausdruck in Gesangsstimmen – kaum zu glauben, wie sehr wir unsere Musikwiedergabe ohne den Einsatz eines solchen Werkzeuges heutzutage beschneiden. Wir haben unsere Experimente mit einem Vollverstärker, einer Phonovorstufe und einem Plattenspieler gemacht und ein paar interessante Dinge herausgefunden. Erstens: Der Plattenspieler will ganz eindeutig an „Gruppe 2“. Nina Simone tönt eindeutig souveräner und ausdrucksstärker, wenn das Laufwerk von den Großverbrauchern entkoppelt ist. Das gilt vor allem für den per Schaltnetzteil versorgen Transrotor Alto TMD. Die Phonovorstufe – in diesem Falle die Unison- Röhre aus diesem Heft – durfte hingegen in der Gruppe 1 verbleiben und vertrug sich prächtig mit dem Exposure-Vollverstärker. Natürlich habe ich spaßeshalber mal mein Notebook-Netzteil mit angeklemmt. Wenn’s mit dem Plattenspieler in Gruppe 2 steckt ist sein Einfluss fast unhörbar, in Gruppe 1 zusammen mit Voll- und Phonovorverstärker klingt’s merklich grauer und lustloser. Was bedeutet: Die Isolationswirkung durch die zwei Trafos ist deutlich hörbar und willkommen. Von diesem Ergebnis sehr überzeugt haben wir beschlossen, dem DT-3600 künftig dauerhaft die Versorgung der Anlage in unserem Hörraum zu überantworten. Der klangliche Zugewinn durch das Gerät ist so überzeugend, dass es dazu kaum eine Alternative gibt.


Unterm Strich...

Mit dem DT-3600 präsentiert Audes seine bislang ambitionierteste Netzfilterlösung. Insbesondere die Aufteilung in zwei unabhängige Lastkreise bewirkt einen noch höheren klanglichen Zugewinn als bisher.

KategoriePower Conditioner
ProduktDT-3600
HerstellerAudes
Preis10000 Euro
Getestet vonHolger Barske
Vorheriger Test

Einflussreich - Röhrenvorverstärker Air Tight ATC-7

Nächster Test

No Nonsense - Phonovorverstärker Dr. Feickert Analogue Vero S

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