US-Lautsprecherhersteller SVS war einer der Abräumer bei der diesjährigen Preisverleihung ist der EISA (Expert Imaging and Sound Association), bei der Komponenten von handverlesenen Fachjournalisten prämiert werden. Spätestens jetzt der Moment gekommen, sich mit dem Produkt einmal auseinanderzusetzen.
                             
                            
                            
                                Lautsprecher SVS Ultra Evolution Bookshelf
                                Hintergrund 
Der Einstieg ins Unternehmensportrait auf der SVS-Webseite lautet in etwa: „SVS polterte mit der Absicht in die Audio-Szene, den Status Quo mit seinen überbezahlten und qualitativ unterdurchschnittlichen „High End“-Subwoofern und -Lautsprechern in Frage zu stellen und mehr Menschen als je zuvor überzeugenden und mitreißenden Klang zu bieten“. Große Worte, ganz ohne Frage. Der Fairness halber muss man aber sagen, dass die Firma um CEO Gary Yacoubian zumindest in Sachen Subwoofer Ernst gemacht hat, und das schon seit Jahren: SVS-Tieftonspezialisten gelten als erste Wahl, wenn’s um reichlich Bass für kleines Geld geht. Das Engagement des in Youngstown, Ohio ansässigen Herstellers in Sachen Fullrange- Lautsprecher ist noch relativ neu, spätestens mit dem erscheinen der Spitzenbaureihe „Ultra Evolution“ jedoch etwas, das Aufmerksamkeit verdient. Hier gibt’s, wenn man’s drauf anlegt, Standboxen mit reichlich Membranfläche (vier Acht- Zoll-Tieftönern pro Seite) für moderate 6000 Euro pro Paar und das in piekfeinem Hochglanz-Finish – das findet sich nicht alle Tage.  
Kompaktes 
An dieser Stelle widerstehen wir jedoch dem Reiz der großen Kisten und kümmern uns um das größte der drei Bookshelf-Modelle aus der Serie mit dem sinnstiftenden Namen „Bookshelf“. Dabei handelt es sich um eine klassische Zweiwege-Kompaktbox mit 6,5-Zoll-Tiefmitteltöner und Ein- Zoll-Kalotte für den Hochton. Das mag nicht wie das innovativste Konzept der Welt klingen, aber wie immer im Leben kommt’s halt darauf an, was man daraus macht. Und hier liegt der Hund begraben: Die kleine SVS ist ein ausgezeichneter Lautsprecher dem man seine Meriten nicht ohne Weiteres ansieht – und das zu einem Stückpreis von sehr erfreulichen 750 Euro. Das geht natürlich nur mit Fernost-Fertigung, das Engineering aber passiert komplett in den USA. SVS überlässt da nichts dem Zufall und entwickelt auch die Treiber selbst.   
Äußerlichkeiten 
In Anlehnung an die anderen Modelle stecken die Treiber nicht ein einer schlichten quaderförmigen Kiste, sondern in einem Gehäuse mit „Knick“: 
 Das recht aufwändige Gehäuse glänzt mit tadellosem Finish
Das recht aufwändige Gehäuse glänzt mit tadellosem Finish So ergibt sich eine leichte Fokussierung der Abstrahlkeulen beider Treiber in durchschnittlicher Hörentfernung, was sicherlich nicht schadet. Die Seitenwände sind an der Vorderkante leicht angefast, auch das ist gut fürs Abstrahlverhalten. Die nicht ganz trivialen Gehäuse gibt’s wahlweise in schwarzem oder weißen Hochglanzlack, Traditionalisten dürfen sich für eine schwarz lackierte  
Treiber Im Tiefmitteltöner schwingt eine recht leichte Glasfaserverbundmembran mit sehr guten Steifigkeitswerten. Unter der inversen Dustcap versteckt sich eine eher kleine Ein-Zoll-Schwingspule, die das Gewicht weiter reduzieren hilft. Deren Belastbarkeit hat zwar Grenzen, die liegen in der Praxis aber erstaunlich hoch, wie wir noch sehen werden – außerdem sorgen Öffnungen im Schwingspulenträger für Belüftung. Das Magnetsystem ist ein eher unspektakuläres Ferritmodell, das Ganze steckt in einem modernen Alu-Druckgusskorb. Solide Technik, kein Hexenwerk. Das gilt auch für den Hochtöner. Hier sorgt eine beschichtete Aluminiumkalotte für die Schallabstrahlung. Die avisierte „Diamant-Kohlenstoffbeschichtung“ kannte ich bisher noch nicht, der Materialmix klingt jedenfalls spannend. Mittig sitzt ein ringförmiger Diffusor im schützenden Drahtgitter, der das Abstrahlverhalten verbessert. Auf der Rückseite des Magnetsystems gibt’s ein kleines zusätzliches Koppelvolumen, was die Einsatzfähigkeit des Treibers bei niedrigen Frequenzen verbessert.   
Und sonst Auch in Sachen Gehäuse lässt sich SVS nicht lumpen. Das solide MDF-Gehäuse überzeugt mit bis zu 25 Millimeter Materialstärke, Verstrebungen sorgen für zusätzliche Stabilität. Die Frequezweiche ist mit guten Bauteilen realisiert und trennt das Geschehen bei 1,8 Kilohertz auf. Der Bass erfährt seine obligatorische Unterstützung durch ein rückseitiges Bassreflexrohr. Das Konzept wurde mittels modernster Finite-Elemente- Simulationwerkzeuge entwickelt, die daraus resultierende Resonanzarmut ist nicht zu überhören. Was es nicht gibt: Ein passendes Paar Lautsprecherständer. Aber da kann der Zubehörmarkt definitiv Abhilfe schaffen.  
Klang Die ersten Runden drehte die SVS an den Klemmen des ausgezeichneten Exposure-Vollverstärkers 3510. 
 Beim Hochtöner fallen der zusätzliche Kompensationsmagnet und ein Koppelvolumen auf
Beim Hochtöner fallen der zusätzliche Kompensationsmagnet und ein Koppelvolumen auf   Die kräftige Gangart des britischen Gerätes erwies sich als völlig richtig für die amerikanische Kompakte, die ein bisschen Leistung und Elan seitens der Ansteuerung durchaus zu schätzen weiß. Auf dem Plattenteller liegt das von Werner Meyer 2011 meisterlich eingefangene Willy De Ville-Konzert „Unplugged In Berlin“. Auffällige Charakteristika? Fehlanzeige. Tonal bewegt sich die SVS auf der erfreulich unverfärbten Seite. Spätestens beim ersten Applaus fällt auf, wie überzeugend das Publikum den ganzen Raum füllt – und unser Hörraum ist nicht klein. Je wärmer das Setup sich spielt, desto mehr weiß die Wiedergabe zu gefallen. Willy, der alte Schwerenöter, offenbart nämlich Tiefe und Inbrunst – er hatte Spaß an diesem Abend, das steht völlig außer Frage. Das Klavier genau in der Mitte, die Stimme minimal nach links verrückt – so mag das ausgesehen haben anno 2002 in der Columbiahalle. Das Vibrato in der Stimme kommt sehr überzeugend, der Mann vermittelt Kraft und Überzeugung – nicht schlecht für einen Lautsprecher in dieser Klasse. Atmosphärisch ist das richtig gut, was hier passiert, ich sehe mich zusehends eingefangen von der besonderen Stimmung an diesem Abend. Dynamisch vermisse ich nichts, auch der nicht besonders üppige Tieftöner fühlt sich bei der schlagzeuglosen Darbietung pudelwohl. Ich höre nicht leise und muss alle vier Seiten des Albums hören. Großartige Scheibe – immer wieder. Nach den letzten Tönen brauche ich ein Weilchen, um den Rücksturz in die Realität zu verkraften. Als Kontrastprogramm dient anschließend eine der Überraschungen dieses Herbstes – das Comeback-Album der Neunziger-Metal-Ikonen „Linkin Park“. Die Prioritäten dort liegen völlig anders als bei der Intimität des Willi De Ville-Konzertes, auch ist die Scheibe kein produktionstechnisches Highlight. Aber: Das funktioniert mit der SVS. Es tritt ordentlich, die Bühne ist breit, die Stimmen sowohl von der neuen Sängerin Emily Armstrong als auch des alten Recken Mike Shinodas haben das nötige Durchsetzungsvermögen und verdammt – man kann echt ernsthaft Krach machen mit dem Zeug. Ihre besonderen Stärken jedoch liegen ganz eindeutig im gesitteten Bereich, ihren Neutralität, dem gelungenen Übergang zwischen beiden Treibern und ihrer bewundernswerten Neutralität. Zu diesem Preis ein absoluter Volltreffer!  
Gemessenes   Hier waren Profis am Werk, da besteht kein Zweifel. Der Frequenzgangschrieb offenbart vorbildliche Linearität mit einem ganz kleinen Maximum bei gut 100 Hertz – das darf man bei Kompaktlautsprechern gerne so machen, das suggeriert Volumen. Der Hochtöner resoniert ein wenig bei 30 Kilohertz, was in der Praxis bedeutungslos ist. Das Rundstrahlverhalten sieht exzellent aus und verläuft sehr gleichmäßig über den gesamten Frequenzbereich. Der Wirkungsgrad liegt bei rund 89 Dezibel, was für eine Box dieser Größe herausragend gut ist. Der Impedanzschrieb vermeldet ein reges Auf und Ab, was die Box für Röhrenbetrieb nicht geeignet erscheinen lässt. Im Mittel dürften es so sechs Ohm sein. Der Klirr ist sogar bei kernigen 95 Dezibel Schalldruck noch sehr niedrig, das Wasserfallspektrum zeigt sich komplett unauffällig. Reife Leistung!