Vorverstärker Modrow Audio HPA im Test, Bild
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Einzeltest > Vorverstärker > 08.12.2025

Berliner Präzision

In der täglichen Auseinandersetzung mit einem so subjektiv geprägten Thema wie der Musikwiedergabe wünscht man sich manchmal den festen Punkt, mit dem schon Archimedes die Welt aus den Angeln heben wollte. Und ich glaube, ich habe jetzt einen solchen Punkt gefunden.

Vorverstärker / Kopfhörerverstärker Modrow HPA

In der Welt des High-End-Audio neigen wir oft dazu, schiere Masse mit Klasse zu verwechseln. Da werden zentnerschwere Aluminiumburgen in die Hörraum gewuchtet, deren Kühlrippen die Heizung ersetzen, in der Hoffnung, dass sich das physische Gewicht direkt in klangliche Autorität übersetzt. Oftmals wird ja geglaubt, dass viel Materialeinsatz automatisch viel „Klang“ erzeugt. Und in manchen Teilbereichen der Anlage mag da sogar etwas dran sein – aber direkt hinter der Quelle sind andere Qualitäten gefragt. Dieser Meinung ist auch Jens Modrow, der mit dem ersten Gerät unter eigenem Label gleich in die Vollen geht – wohlgemerkt, nicht bei der Masse, sondern bei den feinsten Details. Bereits im zarten Alter von 10 Jahren erwachte beim Konstrukteur das Interesse für Hifi - und Studiotechnik, das auch den weiteren Ausbildungsweg bestimmte. Stationen bei namhaften Firmen in allen Bereichen der Audiotechnik führten fast zwangsläufig zur Gründung der eigenen Firma und dem ersten Gerät, dem bald weitere folgen werden. Der Wunsch nach einem Gerät, das sich komplett aus dem Geschehen heraushält und eigentlich nur die Lautstärkeregelung übernimmt, kam bei Jens Modrow wie bei mir als Testredakteur immer wieder auf. Schließlich wollen wir wissen, was die Quelle liefert und nicht, was der Vorverstärker daraus macht. Doch Geräte, die diese unbestechliche Neutralität mit einem musikalischen Fluss verbinden, sind rar gesät.   

Mit dem Anspruch, genau diesen gordischen Knoten zu durchschlagen, tritt der Modrow HPA an.

Vorverstärker Modrow Audio HPA im Test, Bild
So kompakt kann eine Weltklasse-Vorstufe aussehen, wenn sie so sauber konstruiert ist
Und schon der erste Blick auf das Gerät verrät: Hier herrscht ein nüchterner Blick auf die Dinge. Jens Modrow, der Kopf hinter Modrow Audio Engineering, zollt mit seinem Design – speziell mit dem markanten grünen Ein/ Aus-Schalter und der klaren Typografie – ganz offen Tribut an die goldene Ära der Braun-Geräte. Doch das ist keine bloße Retro- Sentimentalität – es ist ein Bekenntnis zu einer strikten „Form follows Function“- Philosophie. Ein Vorverstärker muss nicht aussehen wie ein Panzerschrank, um fantastisch zu klingen. Schauen wir unter die Haube, denn dort wird es (nicht nur) für den Techniker spannend: Modrow ist kein Esoteriker, der Bauteile nach Mondphasen selektiert, sondern Ingenieur. Das zeigt sich im kompromisslosen Schaltungsdesign, das einige technische Leckerbissen bereithält, die in dieser Preisklasse – und auch deutlich darüber – keineswegs selbstverständlich sind. Der HPA (Headphone and Preamplifi er) arbeitet DC-gekoppelt. Das ist ein entscheidendes Stichwort. In den meisten Verstärkern finden sich im Signalweg Koppelkondensatoren, die Gleichspannungsanteile blocken sollen. Diese Kondensatoren sind jedoch oft das Nadelöhr des Klangs, verursachen Phasendrehungen und beschneiden die Bandbreite am unteren Ende. Modrow verzichtet komplett darauf. Der Signalweg ist frei von Kapazitäten, was eine Übertragungsbandbreite ermöglicht, die theoretisch bei 0 Hertz beginnt und im übrigen bis in den Megahertz-Bereich reicht. Das Resultat ist eine Basskontrolle und Phasenlinearität, die mit konventionellen Schaltungen kaum zu erreichen ist. Um dies sicher zu betreiben, bedarf es einer ausgeklügelten Schaltungstopologie: Vier Differenzverstärker arbeiten im Inneren, jeweils zwei im Gegentakt-Class-A-Betrieb. Class-A gilt zurecht als Königsklasse der Verstärkung, da hier die Transistoren immer im leitenden Bereich arbeiten und somit die bei Class-AB üblichen Übernahmeverzerrungen im Nulldurchgang des Signals prinzipbedingt gar nicht existieren. Die Ausgangsstufe ist ebenfalls als kraftvolle Class-A-Stufe ausgelegt. Jens Modrow verspricht hier ein Dynamik- und Impulsverhalten, das dem von Eintakt-Class-A-Röhrenstufen ähnelt, jedoch ohne deren Nachteile wie hohen Klirr oder Rauschen. Das ist definitiv eine Ansage: Die Schnelligkeit und „Luft“ der Röhre, gepaart mit der Präzision und Störarmut des Transistors. Trotz der sehr geringen „Über-Alles-Gegenkopplung“ – eine weitere Maßnahme, um das Zeitverhalten des Verstärkers nicht zu beeinträchtigen – liegen die Verzerrungen jenseits von Gut und Böse, oder besser gesagt: deutlich unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsgrenze. Wir sprechen hier von Klirrwerten, die man eher in Labormessgeräten als in HiFi-Vorstufen erwartet.   

Ein weiteres Detail, das die Akribie des Entwicklers zeigt: Der steuernde Microcontroller, zuständig für die Eingangswahl und Lautstärke, legt sich „schlafen“, sobald keine Bedienung erfolgt, sein Oszillator wird abgeschaltet. Warum? Weil hochfrequente Taktsignale digitaler Bausteine Gift für zarte Analogsignale sind. Im Modrow HPA herrscht also absolute digitale Stille, während die Musik spielt. Das Gehäuse selbst ist Teil des Abschirmungskonzepts. Statt auf Aluminium setzt Modrow auf 2 mm dicken, magnetischen Edelstahl. Das sieht nicht nur gut aus, sondern schirmt die empfindliche Elektronik effektiv gegen elektromagnetische Einstreuungen ab. Konsequenterweise ist auch das Netzteil ausgelagert. Der Transformator sitzt in einem eigenen Gehäuse fernab der Signalverarbeitung. Brummeinstreuungen durch das Magnetfeld des Trafos sind damit physikalisch unmöglich. Rückseitig finden wir vier Cinch- Eingänge und einen Ausgang, der sich über ein Relais stummschalten lässt. Das ist praktisch, wenn man ungestört mit dem Kopfhörer hören möchte, ohne die Endstufe ausschalten zu müssen. Die eigentliche Sensation für jemanden in meiner Position – und für jeden, der verschiedene Quellen nutzt – verbirgt sich jedoch in der intelligenten Software-Steuerung der Eingänge. Jeder der vier Eingänge lässt sich individuell im Pegel anpassen, und zwar in einem weiten Bereich von +/- 10 dB. Die Ansteuerung erfolgt hier digital, die eigentliche Umschaltung streng analog über hoch verschleißarme Relais. Für den HiFi-Alltag bedeutet das: Nie wieder Lautstärkesprünge, die einen zusammenzucken lassen, wenn man vom leisen Phono-Pre auf den lauten CD-Player oder Streamer umschaltet. Für mich als Tester ist es ein Segen: Ich kann verschiedene Quellen exakt einpegeln um wirklich objektive A/B-Vergleiche zu ziehen. Einfach nur toll! Auch die Lautstärkeregelung selbst ist ein Gedicht. Statt eines simplen Potentiometers, setzt der HPA eine elektronische Regelung über 64 Stufen ein (die genaue Umsetzung bleibt Betriebsgeheimnis). Die maximale Kanalabweichung liegt bei unter 0,007 dB. Das ist Perfektion. Der Drehregler an der Front ist dabei ein haptischer Genuss, er läuft satt und signalisiert Wertigkeit.  

Hörtest 
Vom ersten Ton an fällt das Fehlen jeglicher Nervosität, jeglichen Schleiers oder technischer Artefakte auf. Akustische Gitarren standen plastisch im Raum, mit einem Körper und einer Strahlkraft der Saiten, die verblüffend echt wirkte. Oft neigen Transistorvorstufen dazu, den Anschlag der Saite, also den Transienten überzubetonen und das Ausschwingen etwas zu vernachlässigen. Nicht so der HPA: Er folgt dem Ton präzise vom Anfang bis ans Ende. Um auch seine dynamischen Fähigkeiten auszuloten, wechselte ich zu schwererem Geschütz: Gustav Mahlers 1. Symphonie unter Fabio Luisi. Ein Orchester in voller Besetzung ist der ultimative Stresstest für jede Vorstufe. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Wenn die Blechbläser einsetzen und die Pauken grollen, bricht oft das Klangbild zusammen, die räumliche Staffelung kollabiert angesichts der überbordenden Dynamik. Der Modrow HPA hingegen fächert das Orchester stoisch in Breite und Tiefe auf, dass es eine Freude ist. Selbst in den fortissimo- Passagen bleibt die perfekte Durchhörbarkeit erhalten. Man vermeint, jeden einzelnen Geiger in der Gruppe orten zu können. Die versprochene „Röhren-Dynamik“ ist hier tatsächlich spürbar, aber ohne jeden Weichzeichner über dem Geschehen. Der Antritt ist ansatzlos, schnell, fast schon brutal ehrlich, aber nie scharf oder lästig. Besonders gespannt war ich auf den Bassbereich, denn hier zeigt sich der Vorteil der DC-Kopplung am deutlichsten. Bei Kraftwerks „The Man-Machine“ (Remaster) liefert der HPA Impulse in den Tieftonkeller, die sogar die „Dicken“, also die großen JBL L-300, zu Höchstleistungen trieben. Der Bass ist nicht einfach nur „viel“, er war konturiert, schwarz und staubtrocken. Kein Wummern, kein Nachschwingen, einfach nur Energie, die auch sofort wieder stoppt, wenn das Signal es verlangt. Hier zeigt sich die Souveränität der Ausgangsstufe. Ein Wechsel der Perspektive: Kopfhörerbetrieb. Der HPA trägt das „H“ nicht umsonst im Namen. Mit einer Ausgangsimpedanz von winzigen 0,022 Ohm treibt er praktisch jeden Kopfhörer auf dem Markt, vom empfindlichen In-Ear bis zum leistungshungrigen Magnetostaten. Ich habe unseren Magnetostaten von Hifi -Man angeschlossen und Gerry Mulligans „Live at the Village Vanguard“ aufgelegt. Die Intimität dieser Aufnahme, das Klappern der Gläser im Hintergrund, das Atmen des Publikums – all diese feinen Zusatz-Informationen, die die Illusion eines Live-Erlebnisses erst perfekt machen, serviert der HPA auf dem Silbertablett. Es entsteht dieser berühmte „Schwarze Hintergrund“, aus dem die Töne wie aus dem Nichts erscheinen. Das Grundrauschen ist faktisch nicht existent, und wenn, dann nur auf dem Tonträger. Man hört hier nicht den Verstärker, man hört den Raum der Aufnahme. Der Modrow schafft das Kunststück, ebenso neutral wie die besten Studiogeräte zu sein, dabei aber einen Hauch mehr musikalischen Fluss zu transportieren. Er wirkt weniger wie ein Messinstrument, mehr wie ein Musikinstrument, ohne dabei die Wahrheit zu verfälschen und lässt die Musik ungehindert passieren, gibt ihr aber die nötige Kraft und Stabilität mit auf den Weg zur Endstufe. Das ist eine Qualität, die man sich als Hörer erst einmal erarbeiten muss. Neutralität ist eben nichts, was einen unmittelbar anspringt oder mit billigen Effekten mitreißt. Erst im Laufe längerer Sitzungen mit unterschiedlichsten Musikrichtungen und -quellen erschließt sich die einmalige Qualität eines solchen Geräts. Es wird eben nichts unterschlagen oder dazu erfunden, es geht nichts in Störgeräuschen unter. Jetzt müsste es den HPA nur noch als Vollverstärker oder mit passenden Monoblöcken geben, dann hätte man die Perfektion gefunden.  

Gemessenes: 

Vorverstärker Modrow Audio HPA im Test, Bild
 
Die Messwerte des HPA treiben unser Messsystem an seine Grenzen. Der Frequenzgang reicht dank der DC-Kopplung faktisch von 0 Hz bis in den Megahertz-Bereich (angegeben sind bis 2,85 MHz!). Der Klirrfaktor (THD) ist mit 0,0006 % über den gesamten Hörbereich quasi nicht existent; selbst im kritischen Hochtonbereich bleiben die Werte weit unter dem, was das menschliche Ohr wahrnehmen kann. Besonders beeindruckend ist der Fremdspannungsabstand von deutlich über 100 dB. Das bedeutet absolute Stille. Die Kanaltrennung ist vorbildlich, die Kanalgleichheit der Lautstärkeregelung perfekt. 

Mitspieler 
Plattenspieler: 
  •  Transrotor Alto mit TRA 9 und Merlo Reference 
  •  Dr. Feickert Blackbird mit SME 309 und Phasemation PP 500 
Phonovorstärker: 
  •  Symphonic Line Phono 
  •  Thorens MC 1600
  •  EAR Phonobox 

Endstufen: 
  •  Hypex Nilai
  •  Leak Stereo 20 und Stereo 50 

Vollverstärker: 
  •  Synology 925 

Lautsprecher: 
  •  JBL L-300 und L-26 
  •  Neuron Acoustic Majestic M 
  •  Audes 527 On-Wall 
  •  Davis The Stage 

Zubehör: 
  •  Netzleisten von PS Audio, Silent Wire 
  •  Kabel von van den Hul, Silent Wire, 

Gegenspieler 
Vorverstärker 
  •  Accuphase C-280 
  •  Accustic Arts Tube-Preamp II  

Gespieltes 
  • Beck: Morning Phase 
  • Sergej Prokovjew: Romeo und Julia 
  • Kraftwerk: The Man-Machine (Remaster) 
  • Helène Grimaud: Reflection 
  • Gustav Mahler: Symphonie Nr. 1 Wiener Symphoniker, Fabio Luisi 
  • Gerry Mulligan: Live at the Village Vanguard 


Fazit

Der Modrow HPA ist ein Statement aus Ingenieurskunst und Präzision. Ein Gerät für Puristen, die alles hören wollen – außer ihren Verstärker.

KategorieVorverstärker
ProduktHPA
HerstellerModrow Audio
Preis6500 Euro
Getestet vonThomas Schmidt
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Thomas Schmidt
Redakteur / Tester

Thomas Schmidt


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