Sie werden sich vielleicht an den Test der hervorragenden Eversolo-Endstufe AMP-F10 erinnern, die in Sachen Preis-/ Leistungsverhältnis wie ein Bulldozer durch die etablierte Konkurrenz fuhrwerkte. Ob sich dazu ein ähnlich fulminantes Vorstufen-Pendant im Portfolio des Herstellers finden lässt?
Vorstufe / Streamer Eversolo DMP-A10
Die reine Lehre?
Zur Beantwortung dieser Frage muss man sich erst einmal den Hintergrund des chinesischen Herstellers Eversolo vergegenwärtigen: Deren Expertise ist in erster Linie im Digitalbereich angesiedelt. Dass dabei eine so außergewöhnliche Endstufe wie die DMP-A10 herausgekommen ist, darf als ausgesprochener Glücksfall gewertet werden. Eine direkte Entsprechung auf dem Vorstufensektor hat Eversolo nicht im Angebot, vielleicht aber etwas, das dem Gewünschten relativ nahe kommt. Zu diesem Zweck greifen wir ganz oben ins Regal und beschäftigen uns mit dem Streamer- Flaggschiff DMP-A10. Dabei handelt es sich um ein topmodernes, ambitioniertes Abspiel- und Verwaltungsgerät für so ziemlich alle Medien, mit denen man heutzutage Musik hören kann. Neben ausufernden Digitalfunktionalitäten verfügt der DMP-A10 über einen symmetrischen und zwei unsymmetrische Cinch-Eingänge, erfüllt also die grundlegenden Funktionen eines klassischen Vorverstärkers. Darauf wollte ich mich an dieser Stelle ursprünglich kaprizieren, habe die Rechnung jedoch ohne den Wirt gemacht: Bei allem analogen Aufwand, den Eversolo in die analoge Signalverarbeitung gesteckt hat, haben sie eines nicht getan – nämlich den analogen Signalpfad von vorne bis hinten analog zu belassen. Will sagen: Das Signal durchläuft grundsätzlich eine Analog-/Digitalwandlung und eine Digital-/Analogwandlung, bevor es an den Ausgängen des Gerätes (zweimal Cinch, einmal XLR) zur Abholung bereitsteht. Der Frequenzgang beweist eindeutig, dass hier mit einer Abtastrate von 192 Kilohertz hin- und hergewandelt wird, was zu einer oberen Grenzfrequenz von knapp 100 Kilohertz führt. Das ist weit mehr als das, was eine ganze Reihe gestandener, garantiert rein analoger Vorstufen liefert und sollte dem Anlass mehr als Genüge tun.
Äußerlichkeiten
Nachdem der Elefant im Zimmer erledigt ist, können wir und ungebremst über die Segnungen des 3.780 Euro teuren Gerätes unterhalten – und davon gibt’s eine Menge.
Im Lautstärkesteller ist ein Display für den eingestellten Pegel untergebracht Das Gerät kommuniziert über gleich zwei Anzeigen: ein großflächiges hochmodernes Touch-Display übernimmt den Großteil der Anzeigeformalitäten, ein zweites, rundes Display ist im Lautstärkesteller integriert und informiert über ein paar grundlegende Dinge, wie den eingestellten Pegel und den aktiven Eingang. Das ist alles sehr eng an moderne Smartphone- und Tablet-Technologie angelehnt. Wer kein beinharter Retro-Fan ist, dürfte sich mit dem Bedienkonzept sehr schnell zurechtfinden. Zusätzlich gibt’s natürlich noch eine App für die bequemne Steuerung vom Sofa aus und sogar eine gelungen gestylte Fernbedienung fürs Grobe. Zu den drei erwähnten analogen Quellanschlüssen gesellen sich jede Menge digitale Funktionalitäten, von denen der eingebaute Musikstreamer die mächtigste sein dürfte. Der Streamer kann per LAN oder WLAN auf die so ziemlich gesamte heimische Netzwerkstruktur zugreifen und so ziemlich alles abspielen, was sich dort an Musikdaten versteckt. Bei mir ist das ein Synology-NAS (Network Attached Storage, also ein ans Netzwerk angeschlossener Festplattenverbund), mit dem sich der DMP-A10 denn auch gleich bereitwillig verband und nach Eingabe der entsprechenden Legitimation höchst komfortabel Zugriff auf die gesamte dort gespeicherte Musik nahm. Das einzurichten hat keine zwei Minuten gedauert – und das sage ich als alteingesessener Analoghörer. Natürlich ist das Thema „Streaming“ damit nicht erledigt. Der DMP-A10 bedient mit gleicher Gelassenheit die online-Streaming-Dienste TIDAL, Qobuz, Amazon Music, Tuneln, IDAGIO, Radio Paradise, SoundCloud, Calm Radio, KKbox und Highresaudio. Mehr Dienste sind per Software-Update bei Bedarf hinzufügbar. Außerdem verfügt der DMP-A10 über eigene Speichermöglichkeiten: Es gibt zwei Steckplätz für NVMe-Festplatten, mittels derer sich ein interner Musikspeicher bis zu acht Terabyte direkt im Gerät realisieren lässt. Sie benötigen einen Glasfaser-Netzwerkanschluss direkt an der Maschine? Gibt’s ebenfalls als Aufrüstoption. Die sonstigen digitalen Anschlussmöglichkeiten beinhalten absolut alles, was der Musikhörer auch mit noch so ausgefallenen Wünschen vielleicht benötigen könnte. Ich hoffe, es ist okay, wenn ich hier nicht jede einzelne Buchse im Detail behandle, insgesamt nur soviel: Der DMPA10 ist das mit Abstand leistungsfähigste digitale Musikabspielgerät, das ich je in den Fingern hatte. Wobei ich der Fairness halber zugeben muss, dass meine Expertise auf diesem Gebiet ihre Grenzen hat.
Technik Wir können aber gerne noch ein bisschen in den technischen Qualitäten des DMPA10 schwelgen, davon gibt’s nämlich eine Menge.
Der Aufbau des DMP-A10 ist eine absolute Augenweide Das Gerät steckt in einem gelungen gestalteten Alu-Gehäuse und verfügt – wie die Endstufe – über reichlich seitliche Kühlfläche. Die hat der Hersteller nur aus optischen Gründen spendiert, eine Kühlfunktion üben die nicht aus – es ist schlicht kein Bauteil damit verbunden. Auch sonst ist der Aufbau des DMP-A10 eine Augenweide, sowohl ästhetisch wie auch inhaltlich. Die große Hauptplatine ist ein ob seiner Komplexität exzellenter Job und ich widerstehe der Versuchung, an dieser Stelle seitenlang über A/D- und D/A-Wandlerchips, beheizte Quarzoszillatoren und digitale Signalprozessoren „abzunerden“. Sich auf die analogen Schaltungsteile zu beschränken, dürfte an dieser Stelle mehr als genug sein, und das geht so: Der analoge Signalpfad ist konsequent vollsymmetrisch aufgebaut. Die Verstärkerfunktionen sind ziemlich konsequent mit Texas Instruments-OPs der besseren Art (OPA1612) realisiert, besonderen Spaß habe ich an dem kompromisslosen Lautstärkesteller: Insgesamt 20 Relais schalten Festwiderstände in 200 Stufen im 0,5-Dezibel-Raster – das reicht garantiert für alle Lebenslagen und fühlt sich komplett „flüssig“ an. Der Stromversorgung widmete Eversolo erfreulich viel Aufmerksamkeit. So ungefähr fünf verschiedene Netzteile kümmern sich um die verschiedenen Abteilungen im Gerät, und darunter sind auch feine linear geregelte Vertreter, die sich ums Analoge kümmern. Abermals komme ich nicht umhin, meinen Hut vor der konstruktiven Qualität eines Eversolo-Gerätes zu ziehen, so etwas findet man selten in der HiFi- Welt.
Klang Der DMP-A10 verfügt über eine ziemlich unauffällige klangliche Signatur, die sich durch alle Betriebsarten zieht. Er wirkt extrem transparent, aufgeräumt und präsentiert die Musik vor ausgesprochen ruhigem Hintergrund. Was er nicht hat, auch nicht beim Einsatz als reine Vorsufe, ist das viel beschworene audiophile Flair. Er klingt nicht besonders sahnig oder locker und entspannt – er macht einfach. Im Verbund mit dem großartigen AMP-F10 ist die Endstufe eindeutig das Gerät, das die Marschrichtung des Sounds definiert: Sie sorgt für den Punch, sie liefert den strahlenden Hochtonbereich, sie generiert den Audruck im Stimmbereich. Der DMPA10 liefert – unbestechlich, fehlerfrei, geradeaus. Ob das unter rein klanglichen Aspekten das richtige Gerät für Sie ist, kommt auf das Umfeld an, in dem die Maschine betrieben werden soll und nicht zuletzt auf ihre Hörgewohnheiten. Wer auf unverfälschten Ausdruck mit Monitorqualitäten steht, der ist mit dem Eversolo-Flaggschiff auf alle Fälle bestens bedient. Und in Sachen Funktionalität ist der DMP-A10 ohnehin eine Klasse für sich.
Mitspieler Plattenspieler:
Tonarm:
Tonabnehmer:
Phonovorstufen:
Endstufen:
Lautsprecher:
Gespieltes - Rickie Lee Jones: Pirates (MFSL 45)
- Press Club: To All The Ones That I Love
- Black Sabbath: Master Of Reality
- Hannes Wader: Sieben Lieder