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Einzeltest > Phonovorstufe > 23.07.2025

Ein Könner

Manche können es und andere lernen es nie. Yves-Bernard André, Mr. YBA, kann es und das gefühlt schon immer. Aber wie gut ist seine größte Phonovorstufe wirklich?

Phonovorstufe YBA Passion PH150 Phono

Yves Bernard André ist schon lange im HiFi- Geschäft, um genau zu sein seit 1971 und man muss kein Rechenkönig sein, um sein Alter hoch zu rechnen. Ich habe mit ihm auf der High- End in München gesprochen und seiner Vitalität nach zu urteilen, hätte ich ihn auf maximal Mitte 60 geschätzt. Der Mann muss lieben, was er tut und das tut er nach Jobs für Audax und Goldmund seit 1981 in Eigenregie. Fragt man ihn nach seinen Motivationen, antwortet er, dass ihn Musik und Emotion leiten (er selbst spielt Oboe) und nicht audiophile Kriterien. Der Mann gefällt mir. Ich habe über die Jahre immer mal wieder ein YBA-Gerät in den Händen gehabt, ein schöner Vollverstärker und ein richtig guter, gar nicht mal kostspieliger CD-Player sind mir besonders in Erinnerung geblieben. Geklungen haben die Sachen immer gut, musikalisch, richtig. Für meine Ohren wohlgemerkt.  

Raffiniert einfach 
Yves-Bernard André setzt ganz nach Albert Einsteins Credo auf schlaue, aber einfache Schaltungen:“Alles sollte so einfach wie möglich sein, aber nicht einfacher“. Dabei legt er höchsten Wert auf eine sehr persönliche Bauteileauswahl, bei der ihm seine jahrzehntelange Erfahrung und ein entsprechendes Teilelager zugute kommen. Neben den gewünschten technischen Kriterien, die diese Bauteile natürlich erfüllen müssen, wählt André aus einem riesigen Fundus die klanglich für das jeweilige Gerät besten Teile aus. Viele neuere Bauteile lässt er dann für YBA fertigen. Der Aufbau der PH150 Phono ist bestechend einfach: ein Gehäuse und doch ein integriertes, räumlich aber getrenntes Netzteil. In letzter Zeit hatte ich ja durchaus kostspielige Phonovorstufen in den Fingern. Wenn ich da nur an die überragende Vertere Calon denke, wirkt die YBA fast schon günstig, was bei 7500 Euro natürlich auch Quatsch ist. Aber ich möchte das Thema Preis und Leistung auf jeden Fall ins richtige Licht rücken. In solche Phonovorstufen fließen die Erfahrungen eines Entwicklerlebens ein, und genau das macht sie so gut. Wer sich dann eines dieser Geräte kauft, hat mutmaßlich auch den Höhepunkt seines Hörerlebens erreicht und kann sich fortan entspannt dem Musikhören widmen. Und solche Geräte sind für den Vertrieb in den internationalen Märkten kalkuliert und damit soll es auch genug sein.  

Schaltung und so 

Verteres Touraj Moghaddam hatte für seine Calon selbst eine nur teilweise passive Entzerrung verworfen, da ihm diese Lösung klanglich einfach nicht gefallen wollte.


Wahlmöglichkeit Nr.3 findet sich auf der Rückseite, weil seltener gebraucht: ein Kippschalter für High-Output MCs mit eigenen Buchsen
Yves-Bernard André hingegen setzt auf eine zweistufige, rein passive Entzerrung. Und damit hat er genauso Recht wie Moghaddam: der Mix macht’s, wie wir noch hören werden. In diesen Mix würfelt André, der so großen Wert auf die Bauteileauswahl legt, historische OpAmps und Transistoren, die er alleine nach klanglichen Gesichtspunkten auswählt. Doch damit nicht genug. Hat hier irgend jemand schon einmal von Indium gehört? Nun, Indium ist ein Schwermetall, das seit den 80er Jahren gehäuft für LCD-Bildschirme und Touchscreens verwendet wird. André setzt es zur Verbesserung der Leitfähigkeit und zur Temperaturkontrolle ein. Wo genau? Habe ich nicht heraus gefunden. Und er setzt an strategischen Stellen zur mutmaßlichen Resonanzkontrolle gerne Holzklötzchen aus weichem Echtholz, wahrscheinlich Fichte, ein. Auch dazu konnte ich keinen Kommentar bekommen, wie auch zum Thema “Memory Free Design Technology”. Das gehört für mich ganz klar zu einer anderen französischen Firma, nämlich Lavardin und ihrem lange verstorbenen Gründer Jean- Christophe Crozel, der das Thema 1996 auf der Audio Engineering Society (AES) Versammlung in Copenhagen vorstellte. Dem Problem, dass Transistoren Verzerrungen speichern sollen, hat er mit seinen Lavardin Verstärkern eine geniale Lösung gegenüber gestellt. Und der feine Klang der YBA-Geräte könnte ein Hinweis darauf sein, dass auch Yves-Bernard André davon profitiert. Wie genau, muss ich ein anderes Mal beleuchten.  

Etwas Praxis 
Ich liebe übersichtliche Geräte und das ist eines. Es gibt genau einen Schalter auf der Front und der dient dazu, zwischen MM- und MC-Tonabnehmern umzuschalten. Dazu einen weiteren auf der Rückseite, durch den man zwischen MCs mit typisch geringer Ausgangsspannung und High-Output-Modellen wählen kann. Das sind die mit höherer Ausgangsspannung, was sie üblicherweise für MM-Eingänge prädestiniert. Findet Yves- Bernard André nicht und deshalb lötet er einen 10kOhm Widerstand ein und fertig sind die Anpassungmöglichkeiten. Sprich, mehr kann man nicht tun und das möchte er auch genau so. YBA spezifiziert die Übertrager für MC-Tonabnehmer zwischen 2 und 100 Ohm bei gesunden 65db Gain. Für MM- und High-Output-MC-Tonabnehmer sind es immer noch 45 bzw. 50db.  

Apropos Übertrager 

Wahrscheinlich habe ich es schon mehr als einmal geschrieben, aber es kann gar nicht oft genug geschrieben werden:

Kaum Bauteile von der Stange und Holz als Resonanzoptimierer bei bestimmten Kondensatoren und dem MC-Übertrager
Ich liebe es, wenn Entwickler erklären, dass es nur eine Lösung für ein Problem geben kann. Das ist natürlich Unsinn, aber ich bewundere die Vehemenz mit der ich diesen Überzeugungen immer wieder begegne. Yves-Bernard André behauptet zum Beispiel, dass man MC-Signale nicht mit Transistoren verstärken könne, da die zu stark rauschten. Theoretisch vielleicht richtig, praktisch nicht, da ich öfter schon vom Gegenteil überzeugt wurde. Das macht aber nichts, denn Bernhard verwendet deshalb MC-Übertrager, was auch meine Präferenz ist und eher selten bei Transistorschaltungen anzutreffen ist. Er lässt sich die Übertrager von einem deutlich über 70 Jahre alten Spezialisten in Frankreich wickeln. André hat zwei Probleme von Übertragern ausgemacht: den Energietransfer von Primär- zu Sekundärwicklung und einen limitierten Übertragungsbereich. Um beidem entgegen zu wirken, werden für die Sekundärwicklung besonders viele, besonders dünne Schichten Kupfer gewickelt und zwar um einen Mu-Metall-Kern, nicht gerade das günstigste Material auf Erden. Durch die vielen Schichten will André die maximale Signalübertragung zwischen Primär- und Sekundärwicklung sicher stellen, das Mu-Metall erhöht nach seinem Verständnis den Übertragungsbereich zusätzlich. Da kann man natürlich unterschiedlicher Meinung sein, aber das ist die von Yves-Bernard André. So und nur so lassen sich nach seiner Überzeugung die zarten MC-Signale optimal verstärken. Durch die komplexen Impedanzverhältnisse eines MC-Übertragers könne man, so André auf weitere Anpassungen für MC-Tonabnehmer verzichten. Ich höre schon den Aufschrei, aber was habe ich gerade geschrieben? Da kann man natürlich unterschiedlicher Meinung sein, aber das ist eben die von Yves-Bernard André.  

Der Klang
 
Ok, dieser Einstieg ist nicht fair, ich hab’s aber trotzdem gemacht: den Rega Planar 3 RS mit N5d Tonabnehmer vom Phono- Eingang eines Brio MK7 in den MMEingang des YBA gesteckt. Eieiei, wenn ich jetzt sage, da geht noch was, bitte nicht mit Sachen werfen, ich hab’s ja gesagt, dass das unfair ist. Nicht, dass der Rega mit seinem Spielkollegen schlecht klänge, ganz und gar nicht. Aber es ist schon ein wenig so, als sagte man den Kindern:“Geht mal draußen spielen, die Erwachsenen müssen sich jetzt unterhalten.“ Denn mit dem YBA wird’s ernst und der Rega kann noch mehr seiner Klasse zeigen und das äußert sich zum Beispiel bei in einem riesigen Raum, dem Raum, für den alle ECM-Aufnahmen berühmt sind. Zart, leicht, federnd und ins Zentrum der Einspielung führend, gelingen ihm mit Codona 3 mühelos Spannungsbögen, die Musik zu einem echten Erlebnis werden lassen. Eigentlich ist es die Regel, dass die bessere Quelle immer die bessere Lösung ist. Aber es ist höchst faszinierend, zu erleben, wie stark auch ein Planar 3 RS von einem Gerät wie der YBA 150 Phonostufe, die ungefähr genau so viel wie der komplette Plattenspieler kostet, dass es sich lohnt, an der Stelle nicht zu sparen. Mit unserem Transrotor Massimo Nero stellte sich dann noch einmal eine ganz andere Klangsignatur ein: ruhiger, dunkler, gewissermaßen der Plattenspielerkonstruktion gemäßer. Ich mag diesen Plattenspieler ohnehin, doch so gut, so majestätisch habe ich ihn, beziehungsweise seinen MC-Tonabnehmer Figaro, der ja auf einem Goldring-MC basiert, noch nie gehört. So zart, so edel, so berührend kann er aber spielen, wenn eine Phonostufe vom Kaliber der YBA 150 dran hängt. Wer zum Beispiel Dominic Miller auf die Finger schauen und sich gleichzeitig von seinem Spiel berühren lassen will, ist hier genau richtig aufgehoben.  

Gemessenes: 

 
Auch im Labor zeigt sich, das der Hersteller so seine eigenen Vorstellungen von der optimalen Funktionsweise einer Phonovorstufe hat. Der Frequenzgang weicht merklich von der RIAA-Vorgabe ab, die Eigenarten bewegen sich aber im Bereich von etwa 1,5 Dezibel. Im MM-Modus verstärkt das Gerät mit 41,6 Dezibel, im MC-Betrieb um 63 Dezibel, was im Wesentlichen auch für den „MC-H“-Betrieb gilt. Im MM-Betrieb haben wir einen Fremdspannungsabstand von 65 Dezibel(A), eine Kanaltrennung von 64 Dezibel(A) und einen Klirrfaktor von 0,02 Prozent (1 kHz, 5 mV). Im MC-Betrieb verschlechtern sich die Werte nur minimal, die Leistungsaufnahme beträgt sehr moderate 7,1 Watt.  


Fazit

Was für ein grandioses Gerät: ungewöhnlich in der Konzeption, einfach in der Anwendung, totenstill und klanglich ganz weit oben angesiedelt. Genau so geht Phono.

KategoriePhonovorstufe
ProduktPassion PH 150
HerstellerYBA
Preis7500 Euro
Getestet vonChristian Bayer
Vorheriger Test

Einflussreich - Röhrenvorverstärker Air Tight ATC-7

Nächster Test

Die Würze der Kürze - Test Vollverstärker Trilogy Audio Systems 921

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Christian Bayer
Redakteur / Tester

Christian Bayer


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