… hilft nur Power. Dem Vernehmen nach geht der – zugegebenermaßen ziemlich abgedroschene – Satz auf eine österreichische Volksmusik-Kombo zurück, aber das macht ihn nicht unbedingt falsch.
Vor-/Monoendstufen Audio Flight FLS1 / FLS8
Hintergrund
Klar – das erste Watt eines Verstärkers macht den Sound. „Papa“ Nelson Pass hat nach dieser alten Verstärkerweisheit ein Unternehmen benannt („First Watt“), und natürlich können Single-Ended-Röhrenverstärker mit einer Handvoll Watt maximalen Outputs ganz hervorragend klingen. Und 20 oder so Watt sollten in den allermeisten Fällen mehr als genug für alle Lebenslagen sein. Weiß ich. Kenne ich. Sehe ich auch so. Meistens. Und doch: Ich erinnere mich gut an Experimente mit einem Paar Klipschorns, die bereits an einem Kopfhörerverstärker erstaunliche Pegel erzielen konnten. Experimente wie diese haben nicht unwesentlich zum Nimbus dieses Lautsprechers beigetragen. Und doch: Als das Kleinleistungsdings seinerzeit einem dicken Krell-Vollverstärker wich, klappten die Kinnladen bis hinunter ins Kellergeschoss. Das war nicht unbedingt lauter, hatte aber so viel mehr Autorität und Ausdruck, dass einfach kein Zurück zum Mini-Amp mehr denkbar war. Auch – aber nicht nur – für solche Fälle hat der italienische Hersteller Audia Flight seit Kurzem Monoendstufen namens FLS8 im Programm. Optisch elegant, aber nicht aufdringlich, mit gesunden 35 Kilogramm Gewicht pro Stück gesegnet und in Sachen Leistung nicht eben zurückhaltend: Der Hersteller gibt 400 / 800 / 1500 Watt an acht / vier / zwei Ohm an. Das Paar steht mit 19.600 Euro in der der unverbindlichen Verkaufspreisliste. Das ist viel Geld, aber in Relation zu sonst in diesen Regionen aufgerufenen Preisen noch ziemlich realistisch. Ähnliches gilt für die passende Vorstufe FLS1. Sie passt gestalterisch wie die Faust aufs sprichwörtliche Auge zu den Monos und kostet 8.150 Euro, fürs optionale Phono-Board werden nochmal 1.300 Euro fällig. Meiner Meinung nach müssen die Geräte schwarz sein. Ich finde, dann kommt der elegante Schwung der beiden Linien auf der Front deutlich besser zur Geltung als bei den silbernen Versionen. Hinter den kurvigen Ausschnitten verbergen sich blaue OLED-Displays, die über die jeweiligen Betriebszustände informieren. Und das ist ein schönes, dezentes Blau, kein Vergleich mit den viel zu oft anzutreffenden hinterleuchteten Billig-LCDs.
Die Vorstufe FLS1 ähnelt optisch stark ihren vollverstärkenden Geschwistern aus der gleichen Baureihe, die wir hier ja schon mehrfach zu Gast hatten.
Fünf Eingänge plus zwei Modulsteckplätze – das sollte in jedem Falle reichen Sie verfügt über etwas weniger Bauhöhe, was in Anbetracht der fehlenden Endstufen ja auch Sinn ergibt. Von Haus aus kann man zwei symmetrische und drei unsymmetrische Quellen anschließen, zwei Modulschächte erlauben Upgrades mit allerlei Optionen wie Phono und D/A-Wandler oder zusätzliche Hochpegeleingänge. Das sehr gelungene Phonomodul hatten wir schon zu Gast, weshalb ich es mir spare, das nochmals ausführlich vorzustellen. Haptisch ist die FLS1 ein absoluter Genuss: Sie ist extrem wertig verarbeitet, der geräuschfreie Lautstärkesteller arbeitet in 100 0,5-Dezibel-Schritten ohne hörbare Pegelsprünge. Der Hersteller hat die „Übersetzung“ des Drehimpulsgeber allerdings sehr großzügig gewählt, was zur Folge hat, dass man von sehr geringen zu nennenswerten Pegeln eine ganze Weile mit „kurbeln“ beschäftigt ist. Der Aufbau der Vorstufe erweist sich als ziemlich komplex. Der oder die Netztrafos sind in einer abschirmenden Metallbox untergebracht, die vollsymmetrische Verstärkerschaltungen stecken in insgesamt vier vergossenen Modulen. Der Aufwand bei der Stromversorgung ist nennenswert, selbstredend erfolgen alle signalrelevanten Schaltvorgänge mit hochwertigen Relais direkt am Ort des Geschehens. Sehr schön.
Das Innere der FLS8 offenbart genau das, was man bei einem Verstärker dieses Kalibers erwarten durfte. Die Vermutung, dass es sich hierbei um eine FLS4 handelt, bei der beide Kanäle im Brückenbetrieb laufen, ist wohl nicht allzu weit hergeholt. In der Mitte thront der ehrfurchtgebietende Ringkernumspanner, der mit einer Belastbarkeit von zwei Kilovoltampère nennenswert zum Gewicht der Endstufe beiträgt. Die Leistung erzeugen insgesamt 32 bipolare Leistungstransistoren, jeweils 16 sind auf einen der seitlichen Kühlkörper geschraubt. Auf einer „Huckepack“-Platine ist der schaltungstechnische Grips untergebracht, der Hersteller spricht von einer stromgegengekoppelten Class-A-Eingangsstufe, die in einem vergossenen Modul untergebracht ist. Aus Gründen der thermischen Stabilität – ist doch klar. Hinzu gesellen sich acht dicke Siebelkos auf jedem Modul und eine Logik- und Schutzschaltungsplatine mit eigenem Ringkerntrafo. Selbstverständlich schalten die FLS8 sanft, ohne Stress für die heimische Sicherung ein. Im Umgang zeigen sie sich lammfromm und lassen kaum darauf schließen, dass sie Leistungen jenseits der Kilowattgrenze auf die armen Lautsprecher loslassen könnten.
Klang Es braucht keine ausnehmenden als Lautsprecher getarnte Leistungsvernichter, um der Qualitäten der Audia-Flight-Kombi habhaft zu werden. So etwas wie unsere „Nada“ tut‘s vollkommen. Auf dem Teller des Transrotor Massimo Nero rotieren wieder einmal die Herre Becker und Fagen (aka Steely Dan) und geben das großartige Album „Gaucho“ zum Besten. Der Rhythmus von „Hey Nineteen“ ist unwiderstehlich. Bass und Schlagzeug sind blitzschnell, was bei so tieffrequent agierenden Instrumenten nur ganz kurz widersprüchlich erscheint: Voluminös, aber knochentrocken, mit höchst präzisem Timing und Spaß an der Sache geht die Abteilung zu Werke. Es fällt der extrem ruhige Hintergrund der Widergabe auf. Kein Rauschen, nichts. Nur vollkommen spontan einsetzender Sound. Auch bei „Glamour Profession“ fällt die extrem ausdrucksstarke und pointierte Bass-Arbeit auf. Alles swingt, wippt und ist in Bewegung. Mein persönliches Highlight des Albums ist nach wie vor „Third World Man“. Hier klingt‘s zutiefest emotional, Donald Fagens Stimme hat ganz genau das richtige Maß an unverwechselbarer Rauigkeit, alles klingt agil, perfekt auf der Bühne sortiert und selbstverständlich. Paul Desmond und Jim Hall vielleicht noch überzeugender, was das Besondere an dieser Verstärkerkombi ist: Sie klingt trotz aller – oder gerade wegen – aller Leistungsgigantomanie extrem feinfühlig und diszipliniert. Keine Spur von: „kann vor Kraft kaum laufen“. Ich halte FLS1 und FLS8 für einen ganz großen Wurf, der sich vor keinem noch so etablierten Mitbewerberprodukt verstecken muss. Und dafür sind die Geräte schon fast wieder günstig.
Mitspieler Plattenspieler:
Lautsprecher:
Gegenspieler Vollverstärker:
- Trilogy 921
- D’Agosino Pendulum
Gespieltes - Steely Dan: Gaucho
- Paul Desmond / Jim Hall: Easy Living
- Walcott / Cherry / Vasconcelos: Codona 2
- Truckfighters: Mania