Die italienischen Röhrenverstärkerspezialisten von Unison Research sind häufige und gern gesehene Gäste. Insbesondere die „Simply“-Baureihe bietet viel Verstärker fürs Geld. Deshalb ist es an der Zeit, sich endlich mal mit der passenden Phonovorstufe auseinanderzusetzen.
Phonovorstufe Unison Simply Phono
Auffälligkeiten
Da habe ich gedacht – prima, eine hübsch gemachte zweiteilige Röhrenphonovorstufe für gut 1500 Euro, das wäre doch mal was. Leider war ich beim Studium der Produktbeschreibung ein wenig unaufmerksam, wie ich im Nachhinein feststellen musste: Mit jener Summe kommt man nämlich nur hin, wenn man den Simply Phono als Ergänzung zu einem Unison- Vollverstärker vom Typ Sinfonia oder Perfomance erwirbt. Jene nämlich machen das andernfalls erforderliche externe Netzteil überflüssig, was ansonsten mit etwas unerfreulichen 719 Euro zu Buche schlägt und die Einstiegsofferte auf knapp zweidrei verteuert.
Äußerlichkeiten
Okay – hat nicht ganz geklappt wie erhofft, was den Reizen der Simply Phono jedoch keinerlei Abbruch tut. Die Technik steckt in einem eher schmucklosen Metallgehäuse, das an seiner Unterseite von einer furnierten MDF-Platte optisch aufgewertet wird – Massivholz gibt‘s hier tatsächlich nur an dem seitlich am Blech montierten Formteil.
Anschluss und optimaler Einsatz
Die Simply Phono verfügt über ein Paar Cinch-Eingangsbuchsen und über ein Paar entsprechender Ausgänge. Vier „Mäuseklaviere“ erlauben die Anwahl von vier Tonabnehmer- Abschlussimpedanzen, nämlich 47 Kiloohm, 100, 50 und 20 Ohm.
Das Anschlussfeld offenbart das Nötigste, inklusive einer Spezialbuchse für den Netzteilanschluss Während die 47 Kiloohm dem MM-Betrieb vorbehalten sind, dienen die restlichen Werte dem Anschluss von MC-Abtastern. Mit einer Verstärkung von rund 53 Dezibel ist MC-Betrieb durchaus machbar, hier empfehlen sich jedoch Abtaster mit etwas mehr Ausgangsspannung – ich würde 0,5 Millivolt hier als Unterkante ansetzen und da wird die Auswahl schon dünn. Persönlich finde ich die 53 Dezibel perfekt für MM-Abtaster, ich bin großer Freund von etwas mehr Pegel in diesem Einsatzfall. Sorgen ob etwaiger Übersteuerung muss man sich absolut nicht machen, die kleine Unison liefert ohne Probleme 12 unverzerrte Volt Wer‘s mit dem MC-Betrieb ernst meint, dem würde ich auf die Dauer zu einem guten 1:10-Übertrager raten. Bei dessen Einsatz landen wir bei einer Betriebsverstärkung von 67 Dezibel, was genau das Richtige für heutzutage übliche MCs ist – da darf‘s dann gerne auch ein etwas leiseres Modell sein. Und sonst? Die obligatorische Erdungsklemme.
Innere Werte Unter dem unter anderem mit zwei auffälligen großen Messing-Schlitzschrauben befestigten Deckel kommt ein Aufbau zum Vorschein, bei dem von Sparsamkeit nichts zu erkennen ist. Wie bei Unison üblich, sitzt die Technik auf einer sorgsam organisierten Platine, die Anzahl der Drahtverbindungen beschränkt sich auf ein Minimum. Die Platine ist mit Gummielementen weich an der Bodenplatte befestigt, um etwaigen Mikrofonieneigungen das Leben schwerer zu machen. Ich kann Sie beruhigen: Die Simply Phono neigt absolut nicht zu solcherlei Ungemach, in der Praxis gibt sie sich mustergültig ruhig. Die Stars in der Manege sind zweifellos die vier Röhren vom Typ 12AX7, die die Verstärkung besorgen. Der Hersteller setzt offenbar gründlich ausgesuchte Exemplare von Tung-Sol ein, das Ergebnis gibt ihm Recht: respektable Störspannungsabstände, was bei so viel Verstärkung mit handelsüblichen Doppeltrioden durchaus nicht selbstverständlich ist. Über die exakte Verschaltung der vier Triodensysteme pro Kanal kann ich Ihnen nicht viel sagen, wir dürfen aber davon ausgehen, dass das Rad hier nicht neu erfunden wurde. Sehr erfreulich ist die aufwändige Stromversorgung, bei der sowohl die Hoch- als auch die Heizspannung für die Röhren elektronisch stabilisiert wurden. Die Bauteilequalität ist durch die Bank ausgezeichnet. In der Entzerrung kommen Wima-Kondensatoren der besseren Art zum Zuge, als ausgangsseitige Koppelkapazitäten gibt‘s gar Nobel-Polypropylen-Caps, die Mundorf eigens für Unison fertigt. Zudem freuen wir uns noch über ein kleines Relais, das den Ausgang des Gerätes erst nach angemessener Aufwärmzeit freigibt – alles bestens.
Netzteil Das externe Netzteil beherbergt einen sicherlich ausreichend dimensionierten Ringkerntrafo. Dazu gesellt sich ein Platinchen, mit dem man das Gerät für unterschiedliche Netzspannungen und anzuschließende Geräte einstellen kann. Sonst nichts. Nicht mal einen Netzschalter. Ich will nicht verhehlen, dass ich einen Verkaufspreis von 719 Euro dafür für reichlich ambitioniert halte.
Klang Die ersten Betriebsstunden nach der Einspielzeit durfte der Simply Phono im Verbund mit dem großartigen (und vor allem bezahlbaren)
Rega Nd3 verbringen. Und diese Kombi befriedigt sicherlich schon mal 99 Prozent aller klanglichen Ansprüche bestens. Die Unison arbeitet konsequent im Triodenbetrieb, daran besteht überhaupt gar kein Zweifel. Sie tönt ausgesprochen fein, geschmeidig und detailliert. Das kann kaum jemand besser erklären als der große Trompeter Chet Baker, dessen spätes Album „Chet“ – ohnehin eine sehr ruhige und melancholische Angelegenheit – über dieses Setup klingt’s aber dermaßen butterweich, dass permanente Gänsehaut beim Zuhörer praktisch unvermeidlich ist – da ist er, der viel beschworene Triodensound. Die nächsten Jazzgrößen stehen auf dem Programm, in Gestalt der „Supergroup“ LA4 und ihrem legendären Live- Album „Live At Montreux“ aus dem Jahre 1979. Rega und Unison veranstalten ein perkussives Feuerwerk, das Timing zwischen den vier Musikern passt perfekt. Die Energie steckt ganz klar in den mittleren Regionen des Klangbildes, sowohl am obersten wie am unteren Ende des Spektrums herrscht ein kleines bisschen vornehme Zurückhaltung. Was dem Fluss der Darbietung keinesfalls schadet. Klar geht da noch mehr: Derzeit spiele ich mit einem brandneuen Übertrager von Silvercore aus Leipzig (ja, darüber wird‘s hier demnächst auch was zu lesen geben), und der hat sich als ausgesprochen geeigneter Spielpartner für ein
Hana Umami Red erwiesen. Mit dieser Kombi steht die Sonne dann noch etwas strahlender am klanglichen Himmel: Gerade Ray Browns Kontrabass gewinnt an Kontur und Ausdruck, Bud Shanks Altsaxophon legt in Sachen Detailreichtum insbesondere bei den Anblasgeräuschen merklich zu, das Geschehen wirkt größer und besser sortiert. Okay, der Abtaster kostet auch rund das Zwanzigfache des großartigen Regas, vom Übertrager mal ganz abgesehen. Der kleine Unison jedenfalls fühlt sich mit beiden pudelwohl, er wirkt immer geschmeidig, sanft und flüssig.
Gemessenes Keine größeren Auffälligkeiten im Messlabor. Der Frequenzgang verläuft kanalgleich und erfreulich nahe an der RIAA-Entzerrerkurve, die Verstärkung beträgt knapp 53 Dezibel bei einem Kilohertz. 50 Dezibel(A) Rauschabstand sind nicht gewaltig, für eine reine Röhrenlösung aber in Ordnung. Die Kanaltrennung liegt in der gleichen Region. Der Klirr bei 5 Millivolt am Eingang beträgt gute 0,14 Prozent. Der Stromverbrauch beträgt 19 Watt, vollkommen in Ordnung.