Platte Anneke van Giersbergen – La Vie (Label Mates) im Test, Bild
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Musikrezension > Platte > 29.09.2025

Anneke van Giersbergen – La Vie


Genre: Alternative

Trauer ist selten eindimensional, und „La Vie“ übersetzt genau das in Musik. Vier Songs lang erkundet die ehemalige The Gathering-Sängerin Anneke van Giersbergen Erinnerungen, Abschied und den leisen Trost, der irgendwann durch die Risse jedes emotionalen Abwehrmantels dringt. 

Die EP markiert den Auftakt einer Trilogie, deren Ursprung im Verlust ihrer Eltern liegt. Ein überaus persönliches Thema, aber es wird nie zu privat. „One More Nanosecond“ öffnet den musikalischen Raum mit einer Mischung aus melancholischer Ruhe und Steigerung. Anneke singt wie immer sehr klar, wirkt fast behutsam und trifft mit wenigen Worten ins Zentrum. In „When I Die“ wechselt die Dynamik: Das Stück startet zunächst zurückhaltend, fast geflüstert, dann eruptiv und aufwühlend. Der Song offenbart ein Arrangement, das van Giersbergens Gespür für effiziente Spannungsbögen zeigt. „More Than a Thousand Words“ bringt eine wärmere Färbung ins Spiel. Saxofon, weiche Percussion, ein Gefühl von Weite. Der Song wirkt wie ein kurzer Moment des Luftholens. Am Ende steht „Heal Me“ in seiner reduzierten und offenen Einfühlsamkeit. Keine große Geste, sondern ein sanfter Versuch, mit dem Schmerz weiterzugehen. Klanglich setzt „La Vie“ auf Intimität statt Pathos. Die Produktion ist transparent, lässt Instrumente atmen. Sicherlich stellt sie Annekes Stimme in den Mittelpunkt, isoliert sie aber nicht aus dem Mix heraus. 

Die Arrangements setzen auf Raum und Konzentration, die Emotionen wirken ungefiltert und direkt. Anneke van Giersbergens Musik wirkt unaufgeregt und durchlässig. Ohne Inszenierung schafft sie Momente, die sich natürlich entfalten – als würde man einen Gedanken zu Ende fühlen dürfen, bevor er vergeht.

Fazit

Man hört nicht nur zu – man bleibt einen Moment stehen.


TitelAnneke van Giersbergen – La Vie
LabelLabel Mates
Angehört vonMichael Bruss
Vorheriger Test

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